Das Freilichtmuseum in Molfsee ist eines meiner Lieblingsausflugsziele. Und jetzt noch mehr denn je: Denn am 30. März 2021 eröffnet mit dem Jahr100Haus eine neue Ausstellung, die uns die Alltagskultur Schleswig-Holsteins vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute ganz anschaulich näher bringt. Ich habe in dem imposanten Neubau schon eimal Mäuschen gespielt.
Das Jahr100Haus und ich
Bereits im vergangenen Jahr wurde ich gefragt, ob ich Lust hätte, Teil der Werbekampagne für das Jahr100Haus in Molfsee zu sein. Ich zögerte nicht lang, denn schon mit dem Freilichtmuseum verbinde ich so viele schöne Kindheitserinnerungen und fieberte der neuen Ausstellung daher ganz besonders entgegen.
So stand ich im Oktober 2020 vor der Kamera von Fotograf Lars Franzen und präsentierte ein Exponat aus der künftigen Ausstellung und dem Magazin der Landesmuseen. Ich entschied mich für ein orangefarbenes Telefon – ja, das gehört heute tatsächlich ins Museum … Aber nun lass uns endlich einen Blick hineinwerfen!
Auf den Spuren unseres Landes Schleswig-Holstein
Sicherlich kennst du das große Außengelände des Freilichtmuseums in Molfsee, das das Alltagsleben vom 16. bis ins frühe 20. Jahrhundert in historischen Reetdachkaten zeigt. Doch mit dem neuen Jahr100Haus machen wir jetzt einen Sprung ins späte 20. und 21. Jahrhundert. Angekommen im Heute, wirst du nicht nur allerhand spannende Gegenstände vergangener Jahrzehnte entdecken, sondern auch mit aktuellen Fragestellungen konfrontiert, die zum Nachdenken anregen. Hinzu kommen wechselnde Sonderausstellungen.
Gut zu wissen: Für den Besuch der Ausstellungen im Jahr100Haus ist es erforderlich, dass du vorab online – HIER – ein Zeitfenster buchst. Für den alleinigen Besuch des Freigeländes ist das nicht notwendig.
Architektur zum Staunen
Von außen fallen mir sofort die zwei gigantischen Gebäude auf, die mit ihrem modernen Cortenstahl in Reetdachform an zeitgenössische „Scheunen“ erinnern. Als ich die neue Eingangshalle betrete, wandert mein Blick direkt nach oben, denn die Decke ist viele Meter hoch. An der imposanten Holzkonstruktion hängt ein beeindruckendes Mobile in Form von riesigen „Greifharken“, die Bildschirme festhalten.
Rein in die gute Stube
Bevor es in die unterirdische Ausstellung geht, verschaffe ich mir auf einer Tafel einen Überblick über die einzelnen Bereiche. Dort fällt mir die Pyramidenschrift auf, die Menschen mit Sehbehinderung eine Hilfe ist. Darüber hinaus wurde überall an Barrierefreiheit gedacht.
Obwohl die Treppe zur Ausstellung ins Kellergeschoss führt, wird es hier nicht dunkel und fensterlos. Es strömt Licht durch deckenhohe Fensterfronten. Ein kleiner Innenhof mit einem Feldahorn bringt ebenfalls Tageslicht in die Räumlichkeiten. Es fühlt sich also gar nicht so an, als wäre ich gerade unter der Erde.
Film ab!
Im ersten Raum der Ausstellung tauche ich dann aber doch erstmal in die Dunkelheit ab. In der Mitte des Raumes stehen lauter kleine Hocker, die mich einladen, Platz zunehmen. Mehrere Bildschirme hängen an den Wänden verteilt und zeigen jeweils Ausschnitte eines zusammenhängenden Films.
Ich sehe die raue, nordische Landschaft Schleswig-Holsteins, Windräder, Kutter, Schafe, Watt und Menschen bei typischen Tätigkeiten. All das, was ich am Norden so liebe. Nachdem ich die Bilder auf mich wirken gelassen habe, überrascht mich Poetry-Slammerin Mona Harry auf einem der Bildschirme und spricht mir mit ihrer Liebeserklärung an den Norden aus dem Herzen.
(…) Mag die Kühe und Deiche mit Schafen aus Watte.
Mag die Dünen, das Weiche der schlafenden Watten.
Mag die Weite der Felder und den endlosen Blick,
wo der Himmel nur eine Hand breit über den wandernden Horizonten liegt (…).
Der Rhythmus unseres Lebens
Im nächsten Raum wird es wieder hell und ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Überall verteilen sich faszinierende Alltagsgegenstände und Objekte, die ich zum Teil noch nie zuvor gesehen habe. Die Wände konfrontieren mich mit einer Frage nach der anderen. „Bist du schon einmal bei Sturm über einen Hochbrücke gefahren?“ oder „Kannst du dich noch an deine Einschulung erinnern?“. Fragen, die mich zum Nachdenken anregen. Bedeutende Momente, die unserem Leben einen Rhythmus verleihen.
Rhythmus ist eines der großen Themen des Alltags. Ebbe & Flut, Tag & Nacht, Hell & Dunkel.
Ein maritimer Weihnachtsbaum
Besonders fasziniert mich der Weihnachtsbaum. Er ist geschmückt mit kleinen Leitern, Tauen, Eimern und Hängematten. Ein kurzer Text verrät mir, dass der Baum in der Kriegszeit auf einem Schiff entstanden ist. Er erzählt mir seine eigene kleine Geschichte. Ein Zeichen für den Jahresrythmus, denn Weihnachten ist für viele von uns ein wichtiges Fest im Jahr, auf das wir uns lange vorher freuen und unseren Alltag in der Adventszeit mit gemütlichen Weihnachtsvorbereitungen ausfüllen.
Von A nach B
Der nächste große Themenbereich ist Mobilität. Am Anfang des Raumes stoße ich direkt auf einen Kinderwagen. Gefolgt von einer alter Tankstelle, einem Schlitten, einem Fahrrad – ohne Mobilität in unserem Alltag wären wir wohl nicht weit gekommen. Aber nicht nur die historischen Objekten, sondern auch Audiostationen oder interaktive Spiele nehmen mich hier mit auf eine Zeitreise in die letzten 100 Jahre.
Wie leben und arbeiten wir?
In das Thema Arbeit & Freizeit starte ich mit einer interaktiven Station: Berufe raten. Ich bin überrascht, was früher typische Tätigkeiten in unserem Land waren. Ich lerne Berufe kennen, die früher ganz normal waren, die heute aber kaum noch jemand kennt. Welche Berufe wirst du wohl neu entdecken?
Auch sehr bemerkenswert ist das Modell, das ein Stellenmacher von seiner früheren Lehrwerkstatt erbaut hat. Weißt du was ein Stellenmacher ist? Ich wusste es nicht. Ein Stellenmacher stellt Räder aus Holz her. Ebenfalls ein Beruf, der wohl heute kaum noch zu finden ist. Unglaublich, wie präzise und liebevoll er mit vielen kleinen Details gearbeitet hat!
Weißt du, was ein „Röboy“ ist? Ein Schuhdurchleuter, der früher in Schuhgeschäften verwendet wurde. Er misst mit Röntgenstrahlen die Füße in den Schuhen aus und hilft die passende Größe zu finden. Einerseits praktisch, andererseits waren die Röntgenstrahlen natürlich auf Dauer sehr gesundheitsschädlich, sodass das Gerät in den 70er Jahren endgültig verboten wurde. Ich finde es wirklich spannend, was du hier alles lernen und entdecken kannst.
Durch das „Konsumregal“, unter dem du hindurchlaufen kannst, gelangst du in den nächsten Bereich mit vielen Mitmach-Stationen. Kennst du noch die kleinen Klickfernseher von früher? Durch den Schalter kannst du dich hier durch alte Familienfotos aus Schleswig-Holstein blättern. Wieder eine Reise in die Vergangenheit, die Kindheitserinnerungen in mir weckt.
Was magst du an unserem Land?
Im letzten Teil der Ausstellung lachen mich die vielen Fotos von Nordlichtern an. Alle halten eine Tafel in der Hand, auf der geschrieben steht, was sie an Schleswig-Holstein so lieben. Mit jeder Tafel, die ich lese, freue ich mich umso mehr, Schleswig-Holstein meine Heimat nennen zu dürfen.
Bevor du die Ausstellung verlässt, hast du sogar die Möglichkeit selbst so eine Tafel zu beschreiben und ein Foto von dir zu machen.
Gut zu wissen: Oben in der Eingangshalle wird bald auch ein Café eröffnen, das dich einlädt, den Museumsbesuch gemütlich mit einem Getränk und einer Kleinigkeit ausklingen zu lassen. Im Shop-Bereich kannst du zudem die eine oder andere Erinnerung erwerben.
Die Reise geht weiter
Für mich darf ein anschließender Spaziergang über das Freigelände natürlich nicht fehlen. Es öffnet seine Pforten nämlich zeitgleich mit der neuen Ausstellung im Jahr100Haus. Hier kannst du noch tiefer in die Vergangenheit und Wohnkultur unserer Ahnen reisen.
Ich liebe die besondere Atmosphäre, die urigen Reetdachhäuser, Scheunen und Katen aus dem 16. bis 20. Jahrhundert, die verwunschenen Gärten und verschlungenen Wege. Für mich ist die neue Dauerausstellung die perfekte Ergänzung zu meinem Lieblingsmuseum. Ich kann dir einen Besuch nur ans Herz legen!
Schaue auch gerne in unseren Beitrag „Nostalgischer Herbstzauber im Freilichtmuseum Molfsee“
Besuche:
Freilichtmuseum Molfsee
Landesmuseen SH
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