Was muss eine gute Bar für mich haben? Stylische Möbel, eine gemütliche Atmosphäre und vor allem coole Leute. Dass ich all das in meinem Kiez, dem Südfriedhof, finden würde, hätte ich nie gedacht. Doch das JuMe in der Harmsstraße 83 scheint all das zu vereinen.
Hier treffen Oldschool-Retro-Möbel auf Comic-Kunst, Astra auf Pianomusik und Kickertische auf Literaturlesungen. So ein bisschen Südfriedhof meets Düsternbrook. Viva la Kontrast! Und genau das ist es, was das JuMe so einzigartig macht. Das Publikum hat sich angepasst, oder besser gesagt: auch nicht. Die unterschiedlichsten Charaktere treffen hier aufeinander, und dennoch ist es so, als gehörten sie zueinander. Von Anonymität keine Spur, vielmehr ein vertraut gechilltes Miteinander. So wie beim Familienessen, bei dem Onkel Klaus von seinem neuesten Aktienpaket erzählt, während Cousin Jürgen gerade die Bäckerlehre geschmissen hat. Gekonnte Grundharmonie.
Gleich beim Betreten der Bar gehöre ich dazu – zur Wohnzimmergemeinschaft JuMe. Gastgeberin Julia Saggau begrüßt mich mit einem herzlichen Lächeln und bietet mir etwas zu trinken an. Ich nehme die Spezialität des Hauses: Russisch Koks. Hierbei lässt man erst Kaffeezucker auf der Zunge zergehen, trinkt dann einen Shot Vodka, um danach in eine Zitrone zu beißen: perfekte Alternative zu Tequila. Trotzdem steige ich danach erst mal wieder auf Astra um. Es ist ja gerade mal 19 Uhr.
Bereits seitdem sie 18 war, während ihrer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau, träumte Julia davon, ihr eigenes Café zu haben. Dass sie dies jedoch eines Tages umsetzen würde, daran hätte sie nie gedacht. „Ich war damals einfach noch zu schüchtern“, erzählt sie mir, während sie ganz Texas-Style-like den langen Tresen mit einem feuchten Tuch wischt. Die leicht rauchige Stimme passt da perfekt. Auf der Bar hat ein Freund Julia und ihren kompletten Freundeskreis im Mangastyle abgebildet. Flashed! Neben uns in der Spieleecke wird währenddessen fleißig gescrabbeld. Eine kleine Gruppe hat sich zusammengefunden und spielt sich in Ekstase. Gelächter durchströmt den Raum.
Ich gehe mit meinem Getränk auf die Sonnenterrasse, setze mich in einen der Holzstühle und genieße die wärmenden Strahlen. Es riecht nach Sommer. Neben mir eine Gruppe von Rauchern, die sich über den letzten Liveauftritt einer Band unterhalten. Drinnen füllt es sich. Die unterschiedlichsten Leute warten auf die „nordish-spoken-show“ – ein Poetryslam auf Deutsch, Englisch, Schwedisch und Isländisch. Eine Veranstaltung, die im Rahmen des Kultursommers stattfindet. Dann der Auftritt von Björn Högsdal, der alles moderiert. Ich setze mich zu Julia an die Bar und lausche gebannt. Muss lachen, weinen, schmunzeln – dabei gönne ich mir noch einen Cocktail, den Julia extra für mich gemixt hat. Name unbekannt. Ein paar Leute haben sich zu uns gesetzt, und in den Pausen beginnen wir uns zu unterhalten. Wir reden über Reisen, Leben, Liebe, Kochen, Plüschtiere und alles, was uns durch den Kopf geht. Hier gibt es nun mal keine Fremden. Alle sind eine Familie – im wohl größten Wohnzimmer Kiels.
Fotos: Kathrin Knoll
Besuche das JuMe:
JuMe
Harmsstraße 83
24114 Kiel
www.jume-kiel.de
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