Alle fünf Jahre werden in Deutschland die Abgeordneten für das Europäische Parlament gewählt. Auch dieses Jahr ist es am 26. Mai 2019 wieder soweit. Als Person des öffentlichen Lebens in Kiel möchte ich aufzeigen, wie wichtig es ist zu wählen. Daher habe ich mich mit Europaministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack getroffen, die uns die Bedeutung der Europawahl aufzeigt und offene Fragen beantwortet.
Auf meinem Blog beschäftige ich mich normalerweise mit ganz anderen Themen als der Europawahl. Auf Förde Fräulein dreht sich alles um die schönsten Orte und Besonderheiten in Kiel und Schleswig-Holstein. Warum führe ich jetzt plötzlich ein Interview mit einer Politikerin?
Reichweite bringt auch Verantwortung mit sich. Und ich möchte meine Reichweite dazu nutzen, um auf Themen aufmerksam zu machen, die uns alle etwas angehen. So auch die Europawahl am 26. Mai 2019. Ich gebe zu, dass ich mich im Bereich Politik nicht allerbestens auskenne. Und ich bin mir sicher, dass es vielen von euch auch so geht. Da Europaministerin Sabine Sütterlin-Waack nun wenige Meter von meinem Redaktonsbüro entfernt im Ministerium arbeitet, haben meine Kollegin Lene und ich die Chance genutzt, sie auf einen persönlichen Schnack zu treffen.
Dabei wurde uns nochmal richtig bewusst, was für ein großes Privileg wir hier in Deutschland haben, dass wir so ein hohes Mitspracherecht haben. Die Wahlbeteiligung bei Europawahlen zeigt jedoch, dass sich dieses Privilegs längst nicht alle bewusst sind.
„Ich mag es, wenn man klar und deutlich seine Meinung sagen kann.“
Frau Sütterlin-Waack, Sie sind gebürtige Schleswig-Holsteinerin. Was mögen Sie besonders an ihrer Heimat?
Je älter ich werde, desto mehr hängt mein Herz an Schleswig-Holstein. Ich lebe sehr gerne hier und das liegt nicht zuletzt an den Menschen, die hier leben. Ich mag es, wenn man klar und deutlich seine Meinung sagt. Auch die Landschaft mag ich sehr gerne. Wir leben hier sehr privilegiert, haben die zwei Meere um uns, um die uns viele Menschen aus dem Landesinneren beneiden. Ich liebe auch, wie wir mit Minderheiten umgehen, diese grenznahen Kooperationen spürt man richtig.
War es schon immer ihr Wunsch in die Politik zu gehen? Wie kam es dazu?
Es war nicht immer mein Wunsch. Ich habe zuvor 20 Jahre als Anwältin gearbeitet und hätte zu der Zeit nie gedacht, dass ich einmal hier auf diesem Stuhl sitzen würde. Über die Kommunalpolitik bin ich dann allerdings an das Thema herangeführt worden. Ich habe viel Elternarbeit an Schulen betrieben und bin so in die Kommunalpolitik eingestiegen. Ich komme allerdings auch aus einem sehr politischen Haushalt, hatte viele Berufspolitiker in der Familie und so war mir das Thema nicht allzu fremd.
Woran könnte es liegen, dass die Wahlbeteiligung bei der Europawahl so gering ist?
Die Wahlbeteiligung muss unbedingt gesteigert werden. Bei der letzten Wahl hatten wir eine Beteiligung von gerade einmal 43%, zuvor war sie sogar noch geringer. Bei der Bundestagswahl handelte es sich um einen Wert von teilweise mehr als 75%. Diese Größenordnung würden wir natürlich auch für die Europawahl begrüßen. Aus diesem Grund läuft seit März eine landesweite Kampagne meines Hauses mit Anzeigen in Print- und Onlinemedien, an der sich die Mitglieder der Landesregierung, der Landtagspräsident und viele Prominente aus Schleswig-Holstein beteiligen.
Für die meisten ist Europa wahrscheinlich immer noch zu weit entfernt. Sie sehen nicht, was für eine Auswirkung auf viele verschiedene Bereiche Europa hat. Die Datenschutzgrundverordnung, die im Grunde wirklich jeden Menschen betrifft, kommt beispielsweise aus Europa. Das ist nur eines von vielen Beispielen. Es ist einfach ein Irrglaube, dass wir von Europäischen Entscheidungen nicht richtig betroffen sind. Hinzu kommt, dass die Europäischen Vorgänge oft zu komplex und sehr kompliziert sind.
Kann in dem Bereich schon bessere Aufklärungsarbeit helfen?
Unser Gespräch heute ist da bestimmt schon ein Schritt in die richtige Richtung. Meiner Meinung nach hat allerdings auch jede Bürgerin und jeder Bürger die Pflicht sich zu informieren. Besonders weil die Informationsbeschaffung heute wesentlich leichter ist als zu meiner Jugend. Durch das Internet hast du in Windeseile alle Informationen, die du benötigst, ohne mit einem Brockhaus unter dem Arm herumzulaufen. Wir müssen es einfach als Chance ansehen und uns bewusst machen, dass wir Glück haben so viel Mitspracherecht zu haben. Wenn ich bei der Aufklärung von komplizierten Vorgängen und Abläufen des EU-Parlaments helfen kann, tue ich das sehr gerne.
Was sind denn die Zusammenhänge zwischen Schleswig-Holstein und dem Europäischen Parlament?
Ich vergleiche es gerne mit Spielregeln. Es muss geklärt werden, was die Kommunen, das Land, der Bund und Europa jeweils regeln. Das ist oft schwer zu durchschauen. Ich wurde zunächst oft gefragt, warum ich als Europaministerin in Schleswig-Holstein sitze. Dazu muss man sagen, dass wir nicht die Leute sind, die am Verhandlungstisch sitzen und Entscheidungen beeinflussen. Wir sind diejenigen, die dafür sorgen wollen, dass die Fördermittel aus Europa möglichst wieder in Schleswig-Holstein ankommen.
Auch wenn wir eine weitentwickelte Region innerhalb Europas sind, bekommen wir in der aktuellen Förderperiode (2014 – 2020) 800 Millionen Euro aus den EU-Strukturfonds zur Entwicklung unseres Landes und die wollen wir auch in der nächsten Förderperiode ( 2021 – 2027) zumindest annähernd wieder haben. Es sind erhebliche Einschnitte geplant, die zum einen natürlich mit dem Brexit zu tun haben aber auch mit der Ausweitung von Kompetenzen im Bereich Migration und Sicherung der Außengrenzen. Dafür wird einfach Geld benötigt. Man muss kein Genie in Mathe sein, um zu realisieren, dass das schwer zu bewerkstelligen wird. Wir werden uns dennoch auf Kürzungen einstellen müssen. Insbesondere im Bereich Interreg, also die grenzüberschreitende Förderung, sind erhebliche Einschnitte geplant.
Können Sie die Interreg-Programme anhand eines konkreten Beispiels genauer erklären?
Ein Beispiel für ein Programm läuft gerade in Flensburg unter dem Namen „Starforce“. Junge Leute können eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann oder –kauffrau in einem großen Konzern in Flensburg machen. Ein Dänischer Auszubildender hat am Ende dann einen Abschluss sowohl in Deutschland als auch in Dänemark. Ein fabelhaftes Beispiel für grenzüberschreitende Kooperationen.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen, vor denen die EU in den kommenden Jahren stehen könnte?
Ein großes Thema ist natürlich der Brexit. Wir wissen derzeitig nicht, wie es weitergeht und das stellt uns natürlich auch vor eine Hürde. Auch in Schleswig-Holstein werden wir einen Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU bemerken. Jedoch sind wir inzwischen gut auf die Situation vorbereitet. Finanziell wird es einen Umschwung geben, da wir mit dem Brexit den – nach Deutschland – zweitgrößten EU-Nettozahler verlieren werden. Die verbleibenden 27 Mitgliedstaaten werden sich zusammenraufen müssen.
Welchen Tipp können Sie Leuten an die Hand geben, die sich bisher nicht so mit Politik beschäftigt haben?
Es ist schwer zu vermitteln, da wir es einfach nicht anders gewohnt sind, sowohl von unseren Eltern, als auch von unseren Großeltern. Aber ich kann nicht oft genug betonen, dass unser Wahlrecht ein Privileg ist, welches nicht selbstverständlich ist. Wir haben das politische Handeln in der Hand! Es mag oft nicht so scheinen, aber mit einer Stimmenabgabe kann man eine politische Richtung vorgeben.
Vielen Dank für das Interview!
Wenn du mehr über die bevorstehenden Europawahlen erfahren möchtest, bekommst auf dieser Seite weitere Informationen.
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